Die eAU – eine Zwischenbilanz

Ein Interview mit Kai Bernardini, Leiter der Arbeitsgruppe Entgeltersatzleistungen bei der DAK-Gesundheit

Lang diskutiert und seit Anfang des Jahres 2023 tatsächlich im Einsatz – die eAU, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Seitdem läuft für viele Arbeitnehmer:innen die Krankmeldung beim Arbeitgeber anders. Denn die eAU erfordert auf Unternehmensseite neue, zusätzliche Prozesse. Parallelprozesse, die sich einspielen müssen: Ist ein:e gesetzlich versicherte:r Mitarbeiter:in erkrankt, gilt das neue digitale Vorgehen. Meldet sich ein:e Privatversicherte:r krank oder geht es um das Verarbeiten der „Kind-krank-Meldung“, läuft alles wie gehabt.

Doch wie macht sich die eAU denn nun wirklich in der Praxis? VRG HR hat nachgefragt, bei einem, der es wissen muss: Kai Bernardini, Leiter der Arbeitsgruppe Entgeltersatzleistungen bei der DAK-Gesundheit.

 

Kai Bernardini
Leiter der Arbeitsgruppe Entgeltersatzleistungen bei der DAK-Gesundheit

Welche Chancen bringt die eAU – für die Gesundheitsbranche auf der einen und Unternehmen auf der anderen Seite?

„Ich möchte zunächst einmal mit den ganz praktischen Vorteilen der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beginnen: Wenn sie krank sind, haben sie mit sich selbst genug zu tun. Durch die eAU müssen sie sich nun nicht auch noch um den Versand des ‚Gelben Scheins‘ an den Arbeitgeber und die Krankenkasse kümmern. Das geschieht nun automatisch direkt durch die Arztpraxis. Somit ist sichergestellt, dass die Krankmeldung zeitgerecht bei der Krankenkasse eingeht und keine Nachteile entstehen. Das Problem der nicht eingereichten Krankmeldungen gibt es nicht mehr.

Der Arbeitgeber auf der anderen Seite kann die Daten relativ einfach über einen fest beschriebenen Weg im Datenaustauschverfahren bei der Krankenkasse abrufen. Ein weiterer Vorteil dabei ist, dass die Daten bei Arbeitgebern auf der einen und den Krankenkassen auf der anderen Seite nun identisch sind. Das war vorher nicht immer der Fall. Oftmals erreichten die Krankenkassen – gerade bei kleineren Erkrankungen – die kurzen Krankmeldungen gar nicht. Zuletzt ist der gesamte Prozess grundsätzlich deutlich schneller, denn die Daten werden von den Ärztinnen und Ärzten direkt taggleich zur Verfügung gestellt. Davon profitieren alle Seiten gleichermaßen."

 

Wie routiniert sind Arbeitgeber inzwischen im Umgang mit der eAU?
Haben sie die Testphase 2022 ausreichend genutzt?

„Der Arbeitgeberabruf und die Testphase im vergangenen Jahr sind relativ problemlos verlaufen. Uns sind keine grundlegenden Probleme auf der Arbeitgeberseite aufgefallen.“

 

Mit welchen Fragen zur eAU melden sich denn Firmenkunden aktuell am häufigsten bei Ihnen?

„Vereinzelt bekommen wir telefonische Anfragen zu unseren elektronischen Antworten, da den Arbeitgebern zum Teil nicht klar ist, nach welchen Prüfregeln die Anfragen der Arbeitgeber beantwortet werden. Das kann bisweilen für Verwirrung sorgen.“

 

Erkrankt ein:e gesetzlich versicherte:r Arbeitnehmer:in, ist er/sie in der Pflicht, dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen und ihn über die voraussichtliche Dauer der Erkrankung zu informieren.
Dann ruft der Arbeitgeber die Krankmeldung elektronisch bei der Krankenkasse ab. Welche Daten werden übermittelt – und welche nicht mehr?

„Welche Daten übermittelt werden, ist in der Verfahrensbeschreibung der eAU festgelegt und für alle gleich. Diese sind: ‚AU seit‘, ‚voraussichtlich AU bis‘, das Feststellungsdatum, ob es sich um einen Unfall handelt und die Bescheinigungsart, also ob es eine Erstbescheinigung oder eine Folgebescheinigung ist. Wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin im Krankenhaus ist, dann sind die Daten entsprechend ‚AU seit‘, der Aufnahmetag sowie die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung. Der Arbeitgeber erfährt nicht mehr, welche Arztpraxis oder welches Krankenhaus die Krankschreibung erstellt hat. Auch die Diagnosen werden natürlich nicht übermittelt. Das war aber auch schon beim klassischen ‚Gelben Schein‘ so.“

 

Was tun, wenn der Abruf der eAU einmal nicht funktioniert? Wer muss handeln, damit der/die Arbeitnehmer:in die Lohnfortzahlung erhält?

„Sollte die Software beim Arzt oder der Ärztin ausfallen, ist die ‚Notlösung‘ das klassische Papierverfahren: Die AU wird dann ausgedruckt und auf dem Postweg verschickt. Treten die Softwareprobleme beim Arbeitgeber auf, ist der Support des Softwareherstellers zuständig, diese zu beheben."

 

Hat sich die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung also in der Praxis bewährt? Wie steht es um die Akzeptanz der eAU?

„Die eAU wird nun bereits seit dem 1. Oktober 2021 genutzt und ist mittlerweile gängige Praxis. Bei der DAK-Gesundheit sind 85 Prozent aller AU-Bescheinigungen mittlerweile elektronisch. Wir rechnen damit, dass auch weiterhin nicht alle Ärztinnen und Ärzte eine eAU übermitteln können. Dabei handelt es sich aber primär um Privat- und Auslandsärztinnen und -ärzte. Grundsätzlich empfinden wir eine große Akzeptanz der eAU auf allen Seiten. Den größten Nutzen haben aber natürlich die Patientinnen und Patienten. Denn wenn man krank ist, möchte man nicht auch noch AU-Bescheinigungen verschicken müssen, sondern sich auf seine Genesung konzentrieren.“

 

Stichwort „Digitalisierung in der Gesundheitsbranche“: Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach als nächstes angegangen werden?

„Wir sehen die gesamte Gesundheitsbranche im digitalen Umbruch – und das wird auch höchste Zeit, wie die Corona-Pandemie uns mit ihren Faxen und Papierzetteln gezeigt hat. Eines der größten Themen in der nahen Zukunft wird sicherlich die elektronische Patientenakte (ePA) sein, bei der es ja erklärtes Ziel des Gesundheitsministers ist, dass sie bis zum Jahr 2025 von 80 Prozent aller Versicherten genutzt wird. Hier sind wir bereits gut aufgestellt. Auch die digitale Kommunikation zwischen Kasse und Versicherten werden wir weiterhin stärken – beispielsweise durch unsere DAK App, die wir immer weiter ausbauen und noch benutzerfreundlicher machen.“

 

Vielen Dank für das Interview, lieber Herr Bernardini
– und bitte bleiben Sie gesund!

 

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